Wenn etwas fast zu gut ist um wahr zu sein, dann … naja, dann ist es manchmal tatsächlich nicht wahr.
Wir verbreiten ungern schlechte Neuigkeiten und wir mögen auch keine Spielverderber sein. Aber heute müssen wir mal was klar stellen und aufklären. So leid es uns tut…
Was sind Isomaltooligosaccharide (IMO)?
Isomaltooligosaccharide (kurz “IMO”) sind ein ballaststoffähnliche Süßungsmittel und finden sich z.B. in zuckerfeien Sirups und Proteinriegeln. Mittlerweile bekommt man sie auch pur als Backzutat, sowohl als Sirup “Fiber Sirup” oder “Tapioka Sirup” (z.B. dieses hier) als auch in Pulverform. Sie haben etwa 60 – 70 % der Süßkraft von Haushaltszucker und bestehen aus Oligomeren (das ist wie ein Polymer, nur viel kürzer) von verschiedenen Zuckern, darunter Glukose und Isomaltose.
Was ist das Problem an IMOs?
Durch die sogenannte α-D-(1,6)-Verknüpfung der Zuckermoleküle untereinander sollen die Oligomere nur teilweise verstoffwechselt werden können und werden dadurch in den Nährwerttabellen als Ballaststoff aufgeführt und NICHT bei den Kohlenhydraten. Da steht dann z.B.:
“70 % Ballaststoffe und 5 % Kohlenhydrate”
Klingt doch gut, oder? Ein toller low carb Sirup, den man bedenkenlos als zuckerfreies Süßungsmittel verwenden kann…
LEIDER NICHT!
Nach aktueller Studienlage [1] erhöhen IMOs den Blutzucker ähnlich stark wie Traubenzucker (pure Glukose)!
Getestet wurden 2 unterschiedliche IMOs und Dextrose (Traubenzucker) als Kontrollgruppe. Eingenommen auf nüchternen Magen, zeigten beide IMOs keinen signifikanten Unterschied bei der Beeinflussung des Blutzuckers verglichen mit Traubenzucker. Der Einfluss auf den Insulinspiegel war etwas niedriger, aber immer noch sehr stark.
Unfassbar, oder?
Das sind schon merkwürdige “Ballaststoffe”, wenn sie den Blutzucker fast ebenso stark erhöhen wie Traubenzucker, oder? Aber wirklich überraschend scheint das nicht zu sein, denn:
Interessanterweise hatte die britische Lebensmittelbehörde schon 2013 festgelegt, dass Produkte mit IMOs als “nicht für Diabetiker geeignet” gekennzeichnet werden müssen…?. Das entsprechende Schreiben findet ihr hier…
Also DIE Logik kapier man doch nicht:
5 g Kohlenhydrate auf 100 g, aber NICHT für Diabetiker geeignet. Denkt mal nach! ?
Dieser Diabetiker Hinweis findet sich mittlerweile auch korrekterweise auf den jeweiligen Produkten (oder so ein schlauer Satz wie: “Produkt xy ist eine Glukosequelle”….äääähm, wie bitte???). Wer so eine Flasche in der Küche hat – schaut mal drauf! Ist euch wahrscheinlich bisher gar nicht aufgefallen. Warum auch? Es steht schließlich drauf, dass das Produkt “nur” 5 g Kohlenhydrate und ganze 70 % Ballaststoffe hat. Also muss es doch low carb sein…
Denkste! Ballaststoffe, insbesondere solche, die als präbiotisch bezeichnet werden, sind eben nicht alle gleich und einige werden von uns so hervorragend verstoffwechselt, dass die Wirkung auf den Stoffwechsel dem von Glukose fast gleichzusetzen ist.
✅ Im Gegensatz dazu: zellulosebasierte (unlösliche) Ballaststoffe wie z.B. in Bambusfaser, werden vollständig unverdaut wieder ausgeschieden. Aber bevor ihr jetzt Panik vor löslichen Ballaststoffen bekommt: das gilt auch für Ballaststoffe in Nussmehlen (teils löslich, teils unlöslich). Die Diabetiker unter euch werden es an ihrem Blutzucker merken.
✅ Viele lösliche Ballaststoffe werden nur zu einem sehr geringen Teil, nur sehr langsam oder erst sehr spät im Verdauungsprozess verstoffwechselt, so dass der Blutzucker nicht beeinflusst wird. In der Regel sind Ballaststoffe was Gutes.
Wir beobachten IMOs schon seit Jahren. Die Studienlage war anfangs noch nicht eindeutig und es war insgesamt schwer nachzuvollziehen, ob sich da verschiedene Unternehmen einfach nur aus Spaß verkloppen und vor Gericht zerren (wen es interessiert, googelt einfach mal Quest Nutrition Law Suit) oder ob da Behörden aus einer Mücke einen Elefanten machen (soll ja vorkommen).
Wir hätten IMOs als Zutat sehr interessant gefunden. Ein low carb Zuckerersatz, der tatsächlich sirupös UND pulverförmig sein kann – eine Eigenschaft, die man z.B. bei Erythrit schmerzlich vermisst. Außerdem wäre das eine Alternative zu Inulin (ein Fructooligosaccharid) gewesen, das leider eine sehr niedrige digestive Toleranz hat (im Klartext: Blähungen und Durchfall). Interessante Beobachtung der oben erwähnten Studie: die getesteten IMOs zeigten außerordentlich geringe negative Auswirkungen auf den Darm. Das ergibt nun aber auch irgendwie Sinn – wenn IMOs größtenteils wie leichtverwertbare Kohlenhydrate verstoffwechselt werden, werden sie eben auch so verdaut: leicht und ohne Probleme. Und der Zucker schießt ins Blut.
Wir verteufeln nicht die Kohlenhydrate – aber das Spiel mit einer falschen Interpretation von Nährwertinformationen ist absolut gefährlich!
Um das mal ganz klar zu stellen: wir verteufeln nicht generell alle Lebensmittel, die “ein paar mehr Kohlenhydrate” haben. Mit einem Taschenrechner oder ein bisschen Kopfrechnen kann man ohne Probleme auch einiges an Lebensmitteln in einer low carb Ernährung genießen, die streng genommen nicht wirklich kohlenhydratarm sind. Beispiel Rosinen: pur und kiloweise sind sie in einer low carb Ernährung vielleicht keine so gute Idee, 50 g auf ein ganzes low carb Brot verteilt ergibt ein leckeres Rosinenbrot, das sich für seine Nährwerte absolut nicht schämen muss. Davon abgesehen gibt es viele unterschiedliche Formen einer low carb Ernährung. Je nach Bewegungspensum passen auch Bananen und Süßkartoffeln in Maßen auf den Speiseplan und auch gelegentliche Refeeds können okay sein – wir sind alle verschieden und jeder hat ein anderes Ziel, einen anderen Gesundheitszustand, andere Bedürfnisse. Also DARUM geht es uns absolut nicht!
Das FATALE an dieser Geschichte ist die Interpretation, die ein Nährwertlabel mit “5 g Kohlenhydrate und 70 % Ballaststoffe” beim Verbraucher bewirkt. Bei einem Verbraucher, der vielleicht Diabetiker ist. Oder sich ketogen ernähren möchte (oder muss). Oder in seiner low carb Ernährung penibel die Kohlenhydrate zählt und ein gewisses Ziel vor Augen hat – aber dann mit 5 g statt …. mit 50, 60 oder 70 g rechnet!
Darüber hinaus: Wenn ihr davon ausgeht, dass ein Süßungsmittel lediglich 5 g Kohlenhydrate enthält, werdet ihr es nicht sparsam einsetzen. Schlimmstenfalls süßt ihr euer komplette Rezepte damit und da pures IMO nur ca. 60 – 70 % der Süßkraft von Haushaltszucker hat, werdet ihr ein “lowcarbifiziertes” high carb Rezept sogar wahrscheinlich mit noch mehr IMO zubereiten als die Zuckermenge, die im Originalrezept stand. Schaut euch nochmal die Grafik aus der Studie an!
Im Klartext bedeutet das, dass euer Muffin mit normalem Haushaltszucker wahrscheinlich eine niedrigere Auswirkung auf den Blutzucker gehabt hätte als mit dem tollen “low carb Sirup” aus Isomaltooligosacchariden…
Also uns fehlen da die Worte…
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Sehr interessant.
Ich hätte mal eine Frage zum Sukrin Syrup Gold. Früher hieß er Sukrin Fiber Syrup Gold und hatte als Inhaltsstoff Isomalt-Oligosaccharide . Jetzt , mit dem neuen Namen (ohne Fiber) ist dieser Inhaltsstoff verschwunden. Stattdessen steht da nun: Ballaststoff aus Mais. Ist das nur ein Trick und dasselbe in grün ?
Das ist eine gute Frage – solange die uns nicht verraten, welcher Ballaststoff das genau ist, kann man da nur mutmaßen. IMOs können auch aus Mais hergestellt werden. 😉
Hallo. Ich bin jetzt verwirrt. Welche Süssungsmittel sind hier genau gemeint mit IMO ?
Ich verwende gern eine Kombi aus Erythrit und Stevia. Das ist nicht so bitter. Gehört das auch zu den genannten Süssungsmitteln? Danke für die Antwort.
Erythrit und Stevia gehören nicht zu IMOs.
Liebe Monika,
ich hatte für mich beschlossen, nur noch eure Süßstoffe zu verwenden, bzw. alles, was nicht mit Erythrit gesüsst ist, zurück ins Regal zu legen.
Nun hat mich aber eine blöde Erkältung erwischt und ich hab in meiner Hausapotheke Hustenpastillen mit Isomalt und Sucralose gefunden. Andere mit Maltitol und Stevia. Und welche mit Isomaltitol und Maltitol.
Welche sind denn jetzt die “harmloseste” Alternative ?
Lieben Dank.
Liebe Margot,
ich würde zu Isomalt und Sucralose greifen. Isomalt hat einen niedrigeren GI als Maltit (=Maltitol) und ist darüber hinaus bei den meisten Menschen darmverträglicher. Ob du Isomalt in größeren Mengen verträgst musst du natürlich vorsichtig herausfinden – in der Regel ist das aber bei Hustenbonbons eh kein Problem. Wenn es aber doch eins sein sollte, dann greif lieber zu den Produkten mit Zucker – die Menge ist ja nicht riesig 😉 Ausserdem ist bei einem geschwächten Immunsystem ein bisschen schnell verfügbare Energie gar nicht verkehrt. LG, Monika
Dankeschön, das ging ja schnell !
Sorry, ich hab noch etwas entdeckt : Sorbitol, in den Halstabletten.
Kann ich die unbedenklich lutschen, wenn ich mit Tee nicht mehr auskomme ?
Sorbit liegt so zwischen Maltit und Isomalt. in kleinen Mengen kein Problem
…mir fehlen die Worte auch 🙁 Erschreckend was alles möglich ist unter dem “Deckmantel” gesund bzw. gut