Das Geheimnis der Nährwerttabelle – Teil 5: Das richtige Wissen zum Abnehmen nutzen

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Jetzt sind wir fast durch mit den Makronährstoffen. Wir haben gelernt (in Teil 1, Teil 2, Teil 3 und Teil 4), wie eine Nährwertanalyse durchgeführt wird, welche Besonderheiten für einzelne Makronährstoffe gelten und mit welcher Genauigkeit man bei den Angaben in einer Nährwerttabelle rechnen kann.

Bevor wir nun zum Titelthema kommen – wie ihr das richtige Wissen über die Nährwerte zum Abnehmen nutzen könnt – behandeln wir aber noch schnell die beiden letzten Bestandteile der Nährwerttabelle: Den Protein- und den Salzgehalt.

Wie wird der Proteingehalt unserer Nahrung bestimmt?

Für die Bestimmung des Proteingehalts macht man sich die Tatsache zu Nutze, dass Proteine ein Atom enthalten, das in den anderen Makronährstoffen in der Regel nicht enthalten ist: den Stickstoff. Die Probe muss also bei dieser Methode nicht mühsam aufgetrennt werden, sondern kann direkt mit einem geeigneten Reagenz versetzt werden, dass jegliches Protein in der Probe in Ammoniak umwandelt. Analysiert wird schließlich der Ammoniakgehalt. Mit einer schlauen Formel lässt sich dieser in den Proteingehalt in Gramm umwandeln. Die Methode nennt sich „Kjeldahl-Verfahren“ und eine der besonders genauen und zuverlässigen Analysenmethoden.

Der Salzgehalt und warum er meistens falsch ist

Der Salzgehalt (Natriumchlorid) wird nicht direkt bestimmt, sondern über den Natriumgehalt gemessen, welcher mit Hilfe einer Titration bestimmt wird. Anschließend wird der Wert für Natrium mit dem Faktor 2,5 multipliziert um die Menge an Salz (Natriumchlorid) zu errechnen. Warum? Weil Natriumchlorid (= Natrium + Chlor) ein Molekulargewicht von 58 g pro Mol (eine Moleküleinheit) hat und Natrium ein Atomgewicht von 23 g pro Mol. Multipliziert man diese 23 g mit 2,5, bekommt man das Molekulargewicht von Natriumchlorid heraus.

Strenggenommen wird bei dieser Methode gar nicht der tatsächliche Gehalt an Salz bestimmt, da bei der Laboranalyse die Gesamtmenge an Natrium erfasst wird (so z.B. auch Natrium aus dem Backtriebmittel Natriumhydrogencarbonat) und nicht nur die aus dem vorhandenen Salz. Findet ihr also in der Zutatenbezeichnung ein Backpulver aus Natron, könnt ihr davon ausgehen, dass der Wert für „Salz“ in Wirklichkeit niedriger ist als angegeben.

Wie kann ich nun dieses Wissen gezielt zum Abnehmen nutzen?

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Wissen ist Macht! Und das gilt auch für eine Gewichtsreduktion. Je genauer ihr über die Zusammensetzung eurer Mahlzeiten Bescheid wisst, umso besser könnt ihr gezielt eure Ernährung anpassen und erfolgreich und dauerhaft Gewicht zu verlieren.

Für den Anfang kommt einem das sicherlich sehr komplex vor, vor allem, wenn man sich nie zuvor damit beschäftigt hat. Letztlich muss man sich aber die Frage stellen, wieviel einem das eigene Ziel wert ist und welchen Aufwand man dafür betreiben möchte. Eine gute Beobachtung und Dokumentation der zugeführten Makronährstoffe und Kalorien ist dank zahlreicher verfügbarer Apps kein Hexenwerk mehr und nach einer anfänglichen Lernphase kriegt man das relativ leicht in den Alltag integriert.

Sicherlich funktioniert für einige auch eine Ernährungsumstellung auf eine low-carb oder ketogene Ernährung und der gewünschte Gewichtsverlust auch ohne Taschenrechner, Waage und App. Alleine durch die Reduktion der Kohlenhydrate und die damit verbundene erhöhte Eiweiß- und Ballaststoffmenge in der Nahrung empfinden viele Abnehmwillige ein so starkes Sättigungsgefühl durch ihre Mahlzeiten, dass sie quasi unbewusst ein Kaloriendefizit einhalten und damit wunderbar abnehmen.

ABER: bei vielen funktioniert es eben auch nicht!

Bei besonders starkem Übergewicht und damit verbundener Leptinresistenz (Sättigungshormon „funktioniert nicht richtig“), bei länger andauernden Gewichtsplateaus, bei der Neigung zu emotional gesteuertem Essen (Essen aus Frust, Langeweile, Müdigkeit oder Stress) und bei Leuten, die nur noch „ein paar Pfunde“ zu verlieren haben, kann das „Kalorien- und Makros-Zählen“ einen riesigen Unterschied machen und letztlich über Erfolg oder Misserfolg entscheiden.

Manch einer geht auch vornherein mit einer Art wissenschaftlichen Neugier an die Sache heran, was für ein erfolgreiches Projekt „Runter mit den Kilos“ natürlich ideal ist.  Es ist auch einfach spannend, mal anhand von Zahlen zu beobachten, wie der eigene Körper auf unterschiedliche Makronährstoffzusammensetzungen reagiert und wieviel Protein man da gerade in Form von einem saftigen Steak auf dem Teller liegen hat.

Um die Informationen aus Nährwerttabellen möglichst optimal nutzen zu können, wollen wir die folgende Frage einmal genauer anschauen:

Wie kann ich richtige von falschen Daten in Nährwertdatenbanken und auf Etiketten unterschiedlicher Hersteller unterscheiden?

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Frustriert wegen unterschiedlichen Werten in den Tracking Apps??

Das Problem ist bekannt: ihr sucht in einer Nährwertdatenbank nach den Werten für ein Lebensmittel und findet gleich 10 unterschiedliche Einträge, die sich teilweise erheblich unterscheiden. Was tun?

Es gibt ein paar Faustregeln, mit denen ihr „gute“ von „schlechten“ Daten unterscheiden könnt.

  1. Wird der Ballaststoffgehalt separat angeben? Wenn dies nicht der Fall ist, handelt es sich um eine Big 7 und nicht um die genauere Big 8. Dies ist vor allem bei Lebensmitteletiketten eine gute Möglichkeit, den Wahrheitsgehalt der Daten zu bewerten. Bei Lebensmitteldatenbanken gibt es eine kleine Einschränkung: in manchen Apps ist das amerikanische System hinterlegt, bei denen die Gesamtkohlenhydrate aus verwertbaren + Ballaststoffen gerechnet werden. Wenn wir z.B. bei Fatsecret eines unserer Brote eintragen wollen und bei den Kohlenhydraten z.B. 1 g eintragen und bei den Ballaststoffen 15 g, dann gibt es eine Fehlermeldung, dass der Kohlenhydratgehalt nicht geringer sein kann als der Ballaststoffgehalt. Nach dem amerikanischen System ist das auch logisch, nach dem europäischen nicht. In so einem Fall lassen wir den Ballaststoffgehalt einfach weg. Die für die Abnahme relevantesten Werte sind ohnehin nur der Anteil an verwertbaren Kohlenhydraten, Eiweiß, Fett und Kalorien. Auf unserem Etikett findet ihr natürlich auch die Ballaststoffe, was uns zu der nächsten Regel führt:
  2. Etikett vor Datenbank! Tendenziell kann man sich auf die Angaben auf einem Lebensmitteletikett mehr verlassen als auf die Angaben in Datenbanken, die von der Community gespeist werden können. Wir hatten schonmal den Fall, dass uns ein Kunde angeschrieben hat, der in seiner Tracking-App einen Kohlenhydratgehalt von 20 g auf 100 g bei einem unserer Produkte gefunden hatte und dies nicht verstehen konnte. Da hatte jemand fälschlicherweise eine falsche Portionsgröße eingetragen und schon waren alle Werte 10fach erhöht. Also: aufpassen und lieber nochmal aufs Etikett schauen und den Wert selber manuell der Datenbank hinzufügen.
  3. Bei abweichendem Ballaststoffgehalt eher den Eintrag mit dem höheren Wert annehmen: Im 4. Teil dieser Reihe haben wir gelernt, dass sich in der Ballaststoffanalyse in den letzten Jahren einiges hinsichtlich der Genauigkeit und der Abgrenzung von verwertbaren Kohlenhydraten getan hat. Vor allem bei Gemüse, Saaten und Nüssen sind die realen Ballaststoffwerte meist höher als auf vielen Lebensmitteletiketten angegeben – und die verwertbaren Kohlenhydrate entsprechend niedriger.
  4. Die Datenbank der USDA nutzen: eine der ausführlichsten und genauesten Datenbanken für Nährwerte findet ihr hier: https://ndb.nal.usda.gov/ndb/search/list. Allerdings gilt es hier zu beachten, dass die Kohlenhydratwerte die Gesamtkohlenhydrate darstellen, ihr müsst also den Ballaststoffwert erst noch von diesem Wert abziehen um die verwertbaren Kohlenhydrate zu erhalten. Ansonsten sind die Werte hier ziemlich aktuell und besser als die meisten europäischen Datenbanken.

Brauche ich ein Kaloriendefizit zum Abnehmen?

Definitiv JA! Die Antwort kommt jetzt überraschend? Könnte daran liegen, dass im Zusammenhang mit einer kohlenhydratreduzierten Ernährung das Kalorienzählen gerne mal (zu Unrecht) verteufelt wird. „Kalorien zählen nicht bei low-carb“, „Kalorien zählen überhaupt nicht“ oder „Kalorienzählen ist Unsinn oder sogar schädlich“ – schon mal gehört?

Hinter allen diesen Aussagen steckt jedoch der durchaus korrekte Zusammenhang, dass NICHT NUR die Kalorien zählen, sondern dass die Makronährstoffverteilung ebenfalls wichtig ist. Leider wird das oft so plakativ formuliert, dass dies zu dem großen und folgenschweren Missverständnis führt, Kalorien hätten überhaupt keine Bedeutung.

Jedoch ist beides wichtig und gehört untrennbar zusammen: in welchem Verhältnis nehmen wir Makronährstoffe auf und was ist die Gesamtmenge der dadurch zugeführten Kalorien.

Mit welcher Makronährstoffzufuhr kann ich am besten abnehmen?

Regel Nr. 1: Ausreichend Eiweiß 

Ein guter Richtwert sind 1.5 – 2.0 g Eiweiß pro Kilogramm Magermasse (Körpergewicht abzüglich Speicherfett). Eiweiß trägt sehr gut zur Sättigung bei und ist außerdem unverzichtbar für Reparaturprozesse, das Immunsystem, den Muskelerhalt bzw. -aufbau und ein gutes Hormongleichgewicht. Das ist insbesondere während der Gewichtsabnahme sehr wichtig. Hilfreich ist hier eine Verteilung der Eiweißmenge auf mehrere Portionen über den Tag verteilt.

Regel Nr. 2: So wenige Kohlenhydrate, dass der Insulinspiegel keine Achterbahn fährt

Als “Low Carb” bezeichnet man im Allgemeinen eine Ernährung mit unter 100 g Kohlenhydraten pro Tag, verteilt auf mehrere Mahlzeiten. Bleibt man unter dieser Menge, werden Blutzuckerschwankungen stark reduziert und bei einem Defizit geht der Körper sehr rasch an die Fettreserven ran. Welche Menge individuell optimal ist, gilt es für jeden einzelnen herauszufinden. Bei stark fortgeschrittener Insulinresistenz oder höherem Übergewicht liegt der Wert meist deutlich niedriger (z.B. bei 30 – 50 g oder noch niedriger). Im Zweifelsfalle lieber etwas stärker reduzieren als unbedingt nötig, so ist man auf der sicheren Seite.

Regel Nr. 3: Wenn Kohlenhydrat- und Eiweißmenge feststeht, reguliere das Kaloriendefizit über das Fett!

Über das Fett stellt man sein Defizit ein.

Als Beispiel: bei einem Gesamtumsatz von 2000 kcal und einem angestrebten Kaloriendefizit von 500 kcal wäre die tägliche Zielmenge 1500 kcal. Wenn bereits 100 g Protein (400 kcal) und 50 g Kohlenhydrate (200 kcal) eingeplant sind, bleiben noch 900 kcal übrig, was genau 100 g Fett entspricht.
Solltest man feststellen, dass das Defizit nicht ausreicht (also mit z.B. 1500 kcal keine Abnahme erfolgt) sollte die weitere Reduktion der Gesamtkalorien über den Fettgehalt erfolgen. Bei weiteren 200 kcal Defizit sind es also nur noch 700 kcal aus Fett = 78 g Fett.

Bei einer sehr strikten low-carb bzw. ketogenen Ernährung wird häufig von einer „idealen“ Energieverteilung von 75 – 80 % Fett, ca. 20 % Eiweiß und 5 % Kohlenhydraten gesprochen. Eine ketogene Ernährung wird als Therapieverfahren z.B. bei pharmakoresistenter Epilepsie, Glukosetransporterstörung (beispielsweise GLUT1-Defizit-Syndrom) und Pyruvatdehydrogenasemangel erfolgreich eingesetzt.

Wird diese Ernährungsform jedoch zur Gewichtsreduktion eingesetzt, und nicht zu therapeutischen Zwecken, sollte ein Teil der 75 – 80 % Fett nicht aus dem Essen, sondern aus den Fettpolstern kommen. Das ist sehr wichtig zu verstehen, da diese Ernährungsform sonst leicht zu einem Eiweißmangel führen kann, was langfristig den Abnehmerfolg torpediert und gesundheitliche Schäden verursachen kann.

Nehmen wir wieder das obige Beispiel mit 2000 kcal Gesamtumsatz und 500 kcal Defizit:

5 % Kohlenhydrate von 2000 kcal = 100 kcal (25 g Kohlenhydrate)

20 % Eiweiss von 1500 kcal = 400 kcal (100 g Eiweiß)

75 % Fett von 2000 kcal = 1500 kcal (167 g Fett) --> Minus 500 kcal (56 g Fett) für das Defizit = 111 g Fett aus der Nahrung  --> Der Anteil an Fett an der Kalorienaufnahme aus der Nahrung liegt somit nur bei 66 %

Trotzdem kann man hier von einer idealen und zielführenden Makronährstoffverteilung sprechen, denn letztlich ist es unseren Zellen ziemlich egal, ob das in Energie umgewandelte Fett aus den Fettpolstern stammt oder ob wir uns gerade ein fettreiches Abendessen gegönnt haben. Dementsprechend fühlen sich die meisten Menschen trotz eines gehörigen Kaloriendefizits bei der Gewichtsabnahme nicht sonderlich hungrig, denn schließlich ist die Energie ja da – nur eben nicht von außen zugeführt.

Im Klartext: Zum Abnehmen macht es wenig Sinn, seine Mahlzeiten in Fett zu ertränken um seine Makros auf 85 % Fett zu tunen!

Muss man zum Abnehmen in Ketose sein?

Ketose ist der Zustand, in den man gelangt, wenn die Kohlenhydratzufuhr und/oder die Kalorienzufuhr so weit gedrosselt ist, dass der Körper zur Energieversorgung des Gehirn Ketonkörper aus Fettsäuren produziert. Die meisten unserer Organe können wunderbar aus Kohlenhydraten und Fettsäuren Energie gewinnen. Unser Gehirn funktioniert aber nur mit Kohlenhydraten ODER Ketonkörpern – Fettsäuren sind schlichtweg zu groß um die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden.

Geht es jedoch um eine Gewichtsreduktion, ist eine Ketose nicht erforderlich – Körperfett abbauen kann man trotzdem.
Wer mit etwas mehr Kohlenhydraten gut abnimmt, braucht sich keine Gedanken zu machen, dass er nicht in Ketose ist. Wenn das nicht der Fall ist: Kohlenhydrate weiter reduzieren bis der optimale Wert gefunden ist und/oder die Kalorienzufuhr nochmal genauestens unter die Lupe nehmen.

 

Was sind deine Erfahrungen mit diesem Thema? Wie wichtig ist für dich Kalorienzählen zum Abnehmen und welche Erfahrungen hast du mit einer kohlenhydratreduzierten Ernährung gemacht? Wir freuen uns auf deinen Kommentar!

Eine Meinung zu “Das Geheimnis der Nährwerttabelle – Teil 5: Das richtige Wissen zum Abnehmen nutzen

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